Umkleidekabinen – geschützte Räume

Immer wieder habe ich sie, die Diskussionen mit Eltern, die ihre Kinder beim Training und bei unseren Selbstbehauptungskursen bis in die Umkleidekabinen „verfolgen“. Erst gestern musste ich nach einem Selbstbehauptungskurs einen Vater am Betreten der Mädchenumkleidekabine hindern. Freundlich, aber bestimmt, wurde er von mir des Raumes verwiesen. Und obwohl ich ihm die Gründe erläuterte, blieb er uneinsichtig und versuchte immer neue Argumente zu finden, warum und weshalb es denn nun notwendig sei, seiner Tochter in die Umkleide zu folgen.
Prävention sexualisierter Gewalt – Grenzverletzungen
Die Fachwelt ist sich einig, dass Trainer(innen), Kursleiter(innen), Lehrer(innen) und Eltern in den Umkleidekabinen der Kinder nichts verloren haben – den Notfall immer ausgenommen. Dabei ist es völlig egal, ob Männer oder Frauen Mädchen- oder Bubenumkleiden betreten. Denn sexualisierte Gewalt ist eben nicht immer eine Grenzüberschreitung mit Körperkontakt oder eine massive Form sexueller Gewalt. Auch das „sich vor Fremden ausziehen müssen“ oder das „von Anderen beim Umziehen beobachtet oder angeglotzt werden“ ist eine Grenzüberschreitung, die dem Kind unangenehm ist und zur Desensibilisierung beitragen kann.
Keinesfalls sollen Trainer oder Eltern unter Generalverdacht gestellt werden. Und auch nicht Männer, denn leider gibt es auch einen nicht unwesentlichen Anteil (mindestens 10%) weiblicher Täter. Dennoch müssen Sportverbände, Vereine und Schulen klare und für jedermann geltende Regelungen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen treffen und einhalten. Viele Verbände und Vereine haben daher in Verhaltenskodizes und Präventionskonzepten ganz klare Regelungen für das Betreten von Umkleidekabinen und Duschen festgeschrieben.
Beispiele dafür sind beispielsweise die „Schutzvereinbarungen zur Prävention vor sexueller Gewalt im Sportverein“ der Bayerischen Sportjugend, der Handlungsleitfaden oder auch der Verhaltenskodex des Deutschen Ju-Jutsu-Verbandes in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sportjugend und dem DOSB, dem wir uns verpflichtet haben.
Macht Eure Kinder stark!
In unseren Kursen thematisieren wir (verklausuliert) sexualisierte Gewalt und versuchen Eure Kinder stark zu machen, sie zu sensibilisieren und nichts zuzulassen, was sie nicht möchten. Gewährt Ihnen die geschützten Räume, die sie benötigen und setzt Euch nicht über die wichtigen Regeln hinweg („Ich tue ja nichts!“). Ihr wollt doch starke und selbstbewusste Kinder? Dann fangt doch mal damit an, einem schulpflichtigen Kind zuzutrauen, dass es sich alleine umziehen kann. Dass es mal etwas länger dauert, gehört zum Lernprozess dazu.
Lieber Vater von gestern, was würdest Du denn sagen, wenn fremde Männer und Frauen beim Umziehen dabei wären und Deine sechsjährige Tochter anglotzen würden. Wäre das für Dich in Ordnung?